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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils OG 1995 56: Obergericht

Es handelt sich um eine Gerichtsverhandlung vor dem Tribunal d'accusation am 16. April 2010, bei der es um die Ablehnung eines Antrags auf Befangenheit eines Richters geht. Der Antragsteller argumentiert, dass der Richter voreingenommen sei, jedoch wird der Antrag abgelehnt, da keine objektiven Gründe für eine Voreingenommenheit vorliegen. Der Antragsteller kann jedoch weitere Anträge stellen und beantragt auch die Bestellung eines Pflichtverteidigers. Am Ende wird der Antrag auf Befangenheit abgelehnt und die Gerichtskosten in Höhe von 440 CHF werden dem Antragsteller auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG 1995 56

Kanton:LU
Fallnummer:OG 1995 56
Instanz:Obergericht
Abteilung:Kriminal- und Anklagekommission
Obergericht Entscheid OG 1995 56 vom 19.09.1995 (LU)
Datum:19.09.1995
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§ 34 Abs. 2 Ziff. 2 StPO. Die voraussichtliche Gewährung des bedingten Strafvollzuges ist hinsichtlich des Anspruchs auf Beigabe eines amtlichen Verteidigers unerheblich.

Schlagwörter : Verteidiger; Freiheitsstrafe; Verteidigers; Beigabe; Amtsgericht; Amtsgerichtspräsident; Sachverhalt; Angeklagte; Entscheid; Angeklagten; Angeschuldigte; Rechtsanwendung; Voraussetzung; Prozessordnung; Verteidigung; Gewährung; Vollzuges; Kriminal; Untersuchungshaft; Vorderrichter; Vollstreckungsmodalitäten; Kantons; Luzern; Gesetzes; Amtsgerichtspräsidenten; Anspruch
Rechtsnorm:Art. 4 BV ;Art. 41 StGB ;
Referenz BGE:113 Ia 13;
Kommentar:
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Entscheid des Kantongerichts OG 1995 56

Mit Entscheid vom 22.August 1995 lehnte es der Amtsgerichtspräsident ab, dem Angeklagten einen amtlichen Verteidiger beizugeben, da mit der Gewährung des bedingten Vollzuges für eine allfällig auszufällende Freiheitsstrafe zu rechnen sei. Im bezüglichen Rekursentscheid führte die Kriminalund Anklagekommission u.a. aus:

4. - Ist der Angeschuldigte aus finanziellen Gründen ausserstande, einen Verteidiger beizuziehen, ist ihm für die Dauer der Untersuchungshaft auf Verlangen ein amtlicher Verteidiger beizugeben (§ 34 Abs. 2 Ziff. 1 StPO). Für das gesamte Verfahren ist einem solchen Angeschuldigten auf Verlangen ein amtlicher Verteidiger beizugeben, wenn bei einer nach Sachverhalt und Rechtsanwendung nicht einfachen Sache mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten mit einer Massnahme nach Art. 42 bis 44 100bis StGB zu rechnen ist (§ 34 Abs. 2 Ziff. 2 StPO).

4.1. Vorliegend geht es nicht um den Fall eines amtlichen Verteidigers für die Dauer der Untersuchungshaft (§ 34 Abs. 2 Ziff. 1 StPO).

4.2. Der Amtsgerichtspräsident hat im angefochtenen Entscheid in Übereinstimmung mit dem Verteidiger zutreffend festgehalten, dass der rechtlich relevante Sachverhalt zumindest teilweise nicht als einfach im Sinne von § 34 Abs. 2 Ziff. 2 StPO bezeichnet werden könne. Weiter hat der Angeklagte unbestrittenermassen mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten zu rechnen.

4.2.1. Der Vorderrichter führt sodann aus, es fehle in der vorliegenden Sache an der weiteren Voraussetzung für die Beigabe einer amtlichen Verteidigung; gemäss § 34 Abs. 2 StPO werde zudem vorausgesetzt, dass der Angeschuldigte mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten rechnen müsse. Im vorliegenden Fall dürfe der Rekurrent indes von der Gewährung des bedingten Vollzuges durch das Amtsgericht ausgehen. Er werde mithin die Strafe von drei bzw. mehr als drei Monaten nicht zu verbüssen haben. Dem kann nicht zugestimmt werden.

4.2.2. Die luzernische Strafprozessordnung schreibt in § 34 Abs. 2 Ziff. 2 StPO als kumulative Voraussetzung für die Beigabe eines amtlichen Verteidigers vor, dass nebst einer nach Sachverhalt und Rechtsanwendung nicht einfachen Sache mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten zu rechnen sein müsse. Ob jedoch für diese Strafe dem Angeklagten voraussichtlich die Rechtswohltat des bedingten Vollzugs gewährt werden kann, ist hinsichtlich des Anspruchs auf Beigabe eines amtlichen Verteidigers unerheblich. Dies geht bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung hervor, welche - unter Ausserachtlassung jeglicher Strafvollstreckungsmodalitäten (Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkomm., Bern 1989, N 1 zu Art. 41 StGB) als Voraussetzung bezüglich der zu erwartenden Freiheitsstrafe einzig ein Mindestmass von über drei Monaten festschreibt. Auch aus der Botschaft des Regierungsrates des Kantons Luzern an den Grossen Rat zur Änderung des Gesetzes über die Strafprozessordnung vom 11. September 1987, welche sich auf S. 9f. zur Erweiterung der amtlichen Verteidigung äussert, lässt sich nichts entnehmen, was die Auffassung des Amtsgerichtspräsidenten zu stützen vermöchte. Zudem wurde bereits in der früheren Fassung des Gesetzes über die Strafprozessordnung des Kantons Luzern bei einer nach Sachverhalt und Rechtsanwendung nicht einfachen Sache, mit deren Überweisung ans Kriminalgericht zu rechnen war, die Beigabe eines amtlichen Verteidigers ohne Berücksichtigung von Strafvollstreckungsmodalitäten stipuliert (§ 33 Abs. 3 Ziff. 2 aStPO). - Daran ändert auch nichts, dass das Bundesgericht gemäss dem vom Vorderrichter erwähnten BGE 113 Ia 13 E. 2 einen unmittelbaren bundesrechtlichen Minimalanspruch auf amtliche Verteidigung aus Art. 4 BV bei einfach gelagerten Fällen, d.h. solchen ohne Schwierigkeiten in tatsächlicher rechtlicher Hinsicht, erst ableitet, wenn eine Strafe zur Diskussion steht, welche wegen ihrer Dauer den bedingten Strafvollzug nicht mehr zulässt.

4.2.3. Bei dieser Sachlage ist grundsätzlich ein Anspruch des Angeklagten zur Beigabe eines amtlichen Verteidigers gemäss § 34 Abs. 2 Ziff. 2 StPO gegeben. Demgemäss ist in Gutheissung des Rekurses der angefochtene Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten aufzuheben.





Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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